In einem unbedeutenden Brandenburger Dorf steht eine baufällige Kirche. Sie ist Spielplatz für die Kinder. Zwei Jungen klettern im maroden Turm bis einer abstürzt und schwer verletzt liegen bleibt.
Ein paar Jahre später ist die Kirche saniert. Theater für die Großstädter wird hier gespielt. Der Junge, der abgestürzt war, ist bei jeder Probe dabei.
Wieder zehn Jahre später gibt es kein Theater mehr und auch der Junge ist aus dem Ort verschwunden.
„So viel Anfang war nie! So viel Hoffnung, so viele Erwartungen, so viele Wünsche.“ Als Anfang der 90er Jahre ein Wessi in das Brandenburger Dorf kommt, baut er auf, was seit Jahrzehnten vernachlässigt war: die zur Ruine verkommene Kirche zuerst, dann Gutshaus, Park, Schule, die großen Vierseithöfe, die Schmiede, das Zollhaus und den Bahnhof.
Sein Elan endet nicht beim Wiederaufbau. Ein Landhotel entsteht, die Kirche wird zur Kulturkirche, Theater kommt ins Dorf. Die Pläne werden immer größer. Der Park soll Erlebnispark werden, zwanzig Hektar Biogarten, der Bahnhof mit Westernstadt, Golfplatz … bis alles ein Ende nimmt.
Die Dorfbewohner hatten erst abgewartet und zugesehen, aber dann war ihnen der Trubel zu viel. Sie fürchteten Fremde im eigenen Ort zu werden. Am Ende ist der Investor pleite, das Hotel schließt, die Pläne landen im Papierkorb, das Theater spielt zum letzten Mal.
Ein wahre Geschichte hat Christhard Läpple da aufgeschrieben, vom Aufstieg und Absturz einer Idee. Woran sie scheiterte lässt sich erahnen und doch nicht richtig festmachen. Waren es die importierten Pläne oder die einheimische Sturheit? Die Wahrheit liegt wohl auf beiden Seiten.
Irgendwann hat man sich aber in der Mitte getroffen und heute sind Kirche und Hotel, Vierseithöfe und Bahnhof wieder mit Leben erfüllt. „Der Traum vom einfachen Landleben wird pragmatisch und auf Zeit gelebt. In der Regel von Freitagabend bis Sonntagmittag.“ [282] Dann kehrt wieder Ruhe ein. Was sagen die Dorfbewohner dazu? „Bei Henry in der Dorfkneipe ist man zu hundert Prozent geteilter Meinung.“ [282]
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Christhard Läpple, So viel Anfang war nie. Notizen aus der ostdeutschen Provinz, 2017
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www.theatersommer-netzeband.de