Am 25. April 1929 tritt der 25-jährige Helmut Rößler seine erste Pfarrstelle in Beveringen bei Pritzwalk in der Prignitz an. Studiert hatte er in Breslau, Tübingen, Marburg und zuletzt in Berlin. Hier lernte er Dietrich Bonhoeffer als Kommilitonen kennen. Es entstand eine Freundschaft, auch wenn beide immer beim „Sie“ blieben.
Rößler und Bonhoeffer tauschen sich über theologische Fragen aus, spielen miteinander Tennis und einmal ist Rößler auch im Ferienhaus der Bonhoeffers in Friedrichsbrunn zu Gast.
Rößler legt 1926 das Erste Theologische Examen ab, Bonhoeffer 1928. Rößler geht ins Vikariat nach Berlin-Steglitz, Bonhoeffer nach Barcelona. Kurz vor Bonhoeffers Abreise am 8. Februar 1928 sehen sich die beiden noch einmal. Ist es der letzte persönliche Kontakt?
Erst Ende Februar 1929 ist Bonhoeffer wieder in Berlin. Rößler legt in dieser Zeit das Zweite Examen ab und geht für kurze Zeit als Hilfsprediger nach Gransee.
Wohl schon Anfang April ist Rößler in Beveringen. Im gleichen Monat heiratet er. Bonhoeffer ist zur Hochzeit eingeladen. Wo die Hochzeit stattgefunden hat und ob Bonhoeffer mit dabei war, ist noch offen.1
Sicher ist nur, dass sich in den Briefen danach immer wieder Sätze wie diese finden: „Ihre freundliche Einladung zum nächsten Sonntag hat mich herzlich gefreut. Schon lange gehe ich damit um, wie ich mein Versprechen, Sie zu besuchen einlöse. Aber diesmal – leider, geht es wieder nicht.“2
Im Sommer 1932 nimmt Rößler einen Sonderurlaub, um seine Dissertation zu schreiben. Ab Mai 1933 übernimmt er dann eine Auslandspfarrtelle in Heerlen (Niederlande). Ab Oktober 1933 ist Bonhoeffer Auslandpfarrer in London.
Ob Bonhoeffer jemals bis nach Beveringen kam, bleibt also eine noch unbeantwortete Frage.
Rößler und Bonhoeffer bleiben durch zahlreiche Briefe in Kontakt. Leider ist aber nur ein Teil der Korrespondenz erhalten.3 Bis 1934 bleibt diese Freundschaft bestehen, zerbricht dann aber am Streit im Kirchenkampf. Während Rößler „neutral“ zwischen Deutschen Christen und Bekennender Kirche bleiben will, fordert Bonhoeffer ein unbedingtes Bekenntnis zur Bekennenden Kirche.
Am 6. Dezember 1934 schreibt Rößler seinen letzten Brief und notiert auf dem Durchschlag: „Meine (schmerzliche) Trennung von D. Bonhoeffer im Kirchenkampf“4.
1⇧ Dietrich Bonhoeffer an Helmut Rößler, Brief vom 24.6.1930, DBW 10,182; siehe auch: Dietrich Bonhoeffer an Helmut Rößler, Brief vom 7.4.1929, DBW 10,14.
2⇧ Dietrich Bonhoeffer an Helmut Rößler, Brief vom 24.6.1930, DBW 10,182.
3⇧ Leider muss „ein Großteil der biographisch und zeitgeschichtlich wichtigen Rößler-Korrespondenz als verschollen gelten. Nachforschungen im Landeskirchlichen Archiv in Düsseldorf und bei Angehörigen blieben ohne Erfolg.“ [Vorwort der Herausgeber, DBW 10,1-11, 9].
4⇧ Helmut Rößler an Dietrich Bonhoeffer, Brief vom 6.12.1934, DBW 13,253.