Die Römer an der Elbe

Nero Claudius Drusus, am 14. Januar im Jahr 38 vor Christus geboren, machte früh Karriere. Mit 25 war Statthalter in Gallien, mit 27 Konsul, aber vor allem war er Heerführer und mischte in den Jahren 11 bis 9 vor Christus federführend bei den Feldzügen gegen die Germanen mit:

„Drusus fiel ins Land der Chatten ein und drang bis zum Land der Sueben vor. Das Land, das er betrat, bezwang er nicht ohne Mühe. Den Feind, der ihm Widerstand leistete, besiegte er nicht ohne Blutvergießen. Von hier aus wandte sich Drusus ins Land der Cherusker, überschritt die Weser und drang, alles verheerend, bis zur Elbe vor. Auch über diesen Strom, der auf dem Gebirge der Vandalen entspringt und in bedeutender Breite in die Nordsee mündet, beabsichtigte er zu setzen, aber er konnten seinen Plan nicht verwirklichen. So begnügte er sich damit, Siegeszeichen zu errichten und kehrte dann um.“ [1]

Aber warum kehrte er um? Hatte ihm eine übermenschliche Frauengestalt das Ende seines Feldzugs und seines Lebens angekündigt, wie die antiken Geschichtsschreiber meinen? [2] Waren es Nachschubprobleme oder führte die Elbe Hochwasser? 

In Cumlosen an Elbe hat man diese Frage beantwortet: Als Drusus an die Elbe kam „erblickte er eine urwüchsige Auenwildnis. Der Strom floss in einem bis zu zwanzig Kilometer breiten Tal aus dichtem Urwald, der von weit verzweigten Neben und Altarmen durchzogen war – unüberwindlich für Drusus.“ [3]

Wie dem auch sei. Zwei Dinge stehen fest:

Zum einen: Der Römer lebte nach der Begegnung mit der Elbe nur noch ein paar Tage. Er war vom Pferd gefallen, hatte sich ein Bein gebrochen und starb am 14. September im Jahr 9 vor Christus an den Folgen der Verletzung.

Zum anderen: Bei Cumlosen, wo sich die Elbe in einem weiten Bogen Richtung ehemaliger innerdeutscher Grenze windet, findet sich einer der letzten Reste der ursprünglichen Auenlandschaft, die Weichholzaue Cumlosen.

Weicholzauenwälder säumten ursprünglich alle Fließgewässer in Mitteleuropa. Hier überflutete der Fluss häufig seine Ufer. Die Strömung und der Eisgang schufen einen einzigartigen Lebensraum. Durch die Dynamik und Kraft des Wassers wurden vielfältige Lebensbedingungen für viele verschiedene Pflanzen und Tiere geschaffen. Auwälder zählen zu den artenreichsten Lebensgemeinschaften in Mitteleuropa. Sie sind das europäische Gegenstück zu den tropischen Regenwäldern.

Aber der Mensch hat in den Jahrhunderten nach Drusus durch seine Eingriffe diese Landschaft fast vollständig verschwinden lassen. Auf einem kleinen Flecken bei Cumlosen gibt es sie aber noch. Ein kleiner Steg führt mitten hinein. Dort fühlt man sich in eine urwaldähnliche Umgebung zurückversetzt. Kaum vorstellbar, dass vor der Besiedlung der komplette Bereich um den Fluss etwa so ausgesehen haben muss. Heutzutage ist dieser Flussabschnitt einer der wenigen, in denen eine Auenvegetation vorhanden ist. Auf einer der Bänke kann man sich ausruhen und sich vorstellen, wie einst die Römer auf jene Landschaft geschaut haben.

Allerdings: Die Gegend, wo Drusus auf die Elbe stieß, vermutet man in der Gegend von Magdeburg. Den Elbabschnitt, wo heute Cumlosen liegt, hat er nie gesehen.


[1] Cassius Dio, Historia Romana, 50,1.2
[2] Suetonius, De vita Caesarum, Claudius, 1.2; Cassius Dio, Historia Romana, 50,1.2
[3] siehe Bild unten


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