In Warteposition

„Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen, dass ich diesem Rat und dieser Stadt die Treue halten will,  ihr Bestes und ihren Nutzung nach äußerstem Vermögen befördern und ihren Schaden und Nachteil, so viel an mir ist, kehren, wenden, warnen will. Ich will auch Steuer, Abgaben, Accise und was sonst vom Rat und der Bürgerschaft gefordert wird, immer getreu entrichten und bezahlen. Also helfe mir Gott und sein heiliges Wort.“

Etwa so einen Eid legte Heinrich Joachim Schultze am letzten Tag des Jahres 1703 ab. Damit war er Bürger der Stadt Havelberg und sein Name wurde im Bürgerbuch1 vermerkt. Als Beruf ist „Tischler und Bildhauer“ angegeben. Unter den vielen Tischlern war er der einzige, der auch als Bildhauer bezeichnet wurde. 

Schultze stammte sehr wahrscheinlich aus Dannenberg, wo er am 1672 geboren wurde. Mit 31 Jahren hatte er einen guten Ort für sein Handwerk gewählt. In der Prignitz, die sich von den Zerstörungen des 30jährigen Kriegs erst nach und nach erholte, waren Handwerker sehr gefragt. Insbesondere die Kirchen brauchten einen auch künstlerisch begabten Tischler, der die zerstörte Inneneinrichtung ersetzte. Altaraufsätze, Kanzelaltare, Taufengel, Kanzeln wurden in vielen Orten benötigt. In den folgenden Jahren erwarb Schultze sich hier einen guten Ruf.2

Dieser Ruf drang auch bis nach Mankmuß. Der Ort hatte im 30jährigen Krieg sehr gelitten. Die Kirche wurde stark beschädigt und verfiel in den Jahren danach. Erst 1696 wurde sie auf Initiative und sicher auch mit einem gewichtigen Anteil an der Finanzierung von der Frau des Gutsherrn, von Catharine Elisabeth von Capellen von Grund auf neu errichtet.

Der Auftrag für den Kanzelaltar ging einige Jahre später an Heinrich Joachim Schultze. So schuf er für die neu aufgebaute Mankmußer Kirche ein Werk, wie es sich auch ähnlich in vielen anderen Kirchen findet: Über dem Altar erhebt sich eine Wand, in der mittig die Kanzel eingefügt ist. Rechts und links sind Säulen angeordnet. Die Kanzel ist nach hinten offen. Der Kanzeldeckel wird von zwei Figuren getragen.

Ob Schultze auch für die Farbfassung des Kanzelaltars in Mankmuß verantwortlich ist, ist noch offen. Bekannt ist, dass er häufiger mit dem Maler Christian Ludwig Schlichting aus Havelberg zusammenwirkte.

Die Mankmußer Kirche wurde zwischen 1996 und 2019 instand gesetzt und dabei auch der Kanzelaltar restauriert. Nur die stark beschädigten Trägerfiguren und der gegenwärtig unauffindbare Kanzeldeckel fehlen noch.

Nachdem nun die Figuren im Juni 2021 eine „Holzwurmkur“ hinter sich gebracht haben, sollen auch sie in die künftige Gestaltung der Kirche einbezogen werden, auf welche Weise ist noch zu entscheiden. Jetzt warten sie lächelnd eine Etage unter ihrem ursprünglichen Platz, dass sie wieder emporgehoben werden. Heinrich Joachim Schultze, der 1740 gestorben ist, würde es freuen.

Kanzelaltar der Kirche in Mankmuß ohne und mit den wartenden Trägerfiguren | Kanzelaltäre von Heinrich Joachim Schultze in Zernitz (links) und Groß Pankow
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1 Bürgerbuch der Stadt Havelberg, 1628 – 1708, Brandenburgisches Landeshauptarchiv, 8 Havelberg Repositorium 8 Stadt Havelberg.

2 Detlef Witt, Taufengel von Heinrich Joachim Schultz. Zum Wirken eines Havelberger Bildhauers in der Prignitz und im Land Ruppin, in: Thomas Drachenberg (Ed), Taufengel in Brandenburg. Eine Bestandserfassung, 2013, 44-49.


Bilder Hans G. Oberlack | www.wikipedia.org [Zernitz] und Gordon Thalmann [Groß Pankow]


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