Tyll

„Der Krieg war bisher nicht zu uns gekommen. Wir lebten in Furcht und Hoffnung … Wir beteten viel, um den Krieg fernzuhalten.“ [7]

Aber der Krieg bleibt nicht fern. Er breitet sich aus. Unterschiedlichste Armeen und marodierende Truppen ziehen durchs Land. Sie hinterlassen Ruinen, wo man zuvor friedlich lebte. Die Menschen sind tot oder geflohen. Die Felder, die die Menschen ernährten, werden zum Grab für zahllose Soldaten. Religiöse Eiferer richten die Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen, grausam hin.  Der Schrecken des Krieges wird nicht detailliert beschrieben. Die kaum auszuhaltenden Bilder des Krieges sind ohnehin vertraut.

Es ist eine schlimme Zeit … damals im 30-jährigen Krieg. Und mitten in der Geschichte balanciert Tyll auf dem Seil. Mit Leichtigkeit begleitet er die Menschen im Schrecken des Krieges. Er zieht mit dem dem glücklosen Winterkönig durchs Land. Bei der Schlacht von Lützen fliegen ihm die Geschosse um die Ohren. In Brünn wird er als Mineur verschüttet. Bei den Verhandlungen zum Frieden unterhält er die Diplomaten mit seinen Kunststücken.

Dabei gehört Tyll gar nicht in diese Zeit und diese Geschichte. Aber was macht das schon? Er wird genau hier benötigt, damit am Ende die Erinnerung an die Folgen von Machtgier und Hass und religiösem Fanatismus nicht verloren geht: „So viel Hunger. So viel Krankheit. Der Wechsel der Armeen und Marodeure. Das Land … entvölkert. Die Wälder … verschwunden, die Dörfer abgebrannt, die Menschen geflohen … Nur wenn man sich daran erinnere, habe all das Leiden einen Sinn gehabt.“ [205.206]


selbst lesen: Daniel Kehlmann, Tyll. Roman, 2017.


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