Sie kleidete sich wie ein Mann, rauchte auf offener Straße, ging mit Männern in Gaststätten, debattierte revolutionäre Gedanken, schloss sich den Junghegelianern an und propagierte die freie Liebe. Sie heiratete mit 17 Jahren den 23 Jahre älteren Samuel Aston, wurde von ihm geschieden, heiratete ihn erneut und trennte sich dann endgültig. Sie ging nach Berlin und wurde hier 1846 wegen ihres skandalösen Lebensstils ausgewiesen. Vor 207 Jahren wurde Louise Franziska Aston geboren.
Louise Franziska Aston (26. November 1814 – 21. Dezember 1871)
Lebensmotto
Gedicht zum 25. November 2021
Fromme Seelen, fromme Herzen,
Himmelssehnend, lebenssatt;
Euch ist rings ein Thal der Schmerzen,
Eine finst′re Schädelstatt!
Mag in schreckenden Gesichten
Bang vor mir das Schicksal steh′n;
Nie soll mich der Schmerz vernichten,
Nie zerknirscht und reuig seh′n!
Freiem Leben, freiem Lieben,
Bin ich immer treu geblieben!
Leben – Meer, das endlos rauschend
Mich auf weiten Fluten trägt:
Deinen Tiefen freudig lauschend
Steh′ ich sinnend, stummbewegt.
Stürzt Gewittersturm, der wilde,
Jauchzend sich in′s Meer hinein,
Schau′ ich in dem Flammenbilde
Meines Lebens Wiederschein.
Freiem Leben, freiem Lieben,
Bin ich immer treu geblieben!
Liebe – von der Welt geächtet,
Von dem blinden Wahn verkannt,
Oft gemartert, oft geknechtet,
Ohne Recht und Vaterland;
Fester Bund von stolzen Seelen
Den des Lebens Glut gebar,
Freier Herzen freies Wählen
Vor der Schöpfung Hochaltar!
Freiem Leben, freiem Lieben,
Bin ich immer treu geblieben!
Und so lang′ die Pulse beben,
Bis zum letzten Athemzug,
Weih′ der Liebe ich dies Leben,
Ihrem Segen, ihrem Fluch!
Schöne Welt, du blühend Eden,
Deiner Freuden reicher Schatz
Giebt für alle Schicksals Fehden
Vollen, köstlichen Ersatz!
Freiem Lieben, freiem Leben,
Hab′ ich ewig mich ergeben!
Bilder Johann Baptist Reiter (1813 – 1890), Die Emanzipierte | Café Kranzler um 1915 (Berlin Unter den Linden Ecke Friedrichstraße)